Wiener Balltradition

Wien ist natürlich die Ballhauptstadt der Welt. Jedes Jahr finden hier von Ende November bis zur letzten Faschingswoche über 400 Bälle statt. Nicht nur einheimische Tänzer, sondern Tanzbegeisterte aus aller Welt genießen die Wiener Balltradition, die die Stadt mit festlicher Atmosphäre erfüllt.

Der einmalige Flair entsteht durch das zeremonielle Programm. Der Grund für die Ball-Sucht der Wiener ist im 18. Jahrhundert zu finden: Das Tragen von Masken und Kostümen war dem Adel im privaten Rahmen vorbehalten. Zum Ausgleich öffnete Kaiser Joseph II. die Tanzveranstaltungen in den Redoutensälen der Wiener Hofburg für alle. Dabei schauten sich die Wiener die höfischen Sitten dieser Feiern ab und behielten sie bis heute bei: Strenge Kleidungsvorschriften, Eröffnungsfanfare, der Einzug der Debütantinnen und Debütanten und der Ausruf „Alles Walzer!“, Tanzordnungen und Musikwechsel sowie die sogenannte Mitternachtseinlage, meist eine Quadrille, zeugen davon. Zur Tradition gehört auch die Damenspende, ein ausgewähltes Geschenk für jede Besucherin.

Der Walzer als Paartanz irritierte zunächst und bot Anstoß zu moralischer Entrüstung. Der Wiener Kongress (1814/15), der zur Neuordnung Europas nach Napoleons Feldzügen in Wien tagte, machte ihn salonfähig. Die politische Arbeit war so reichlich von Bällen begleitet, dass der legendäre Spruch „Der Kongress tanzt!“ entstand. Was der Kongress tanzte, war schließlich weltbewegender als jeder Beschluss: Der Wiener Walzer wurde zum König der Tänze gekürt.

Die berauschenden Drehbewegungen im Walzer-Schritt beherrschten alle Ballsäle. Johann Strauß Vater (1804 – 1849), der die Vorherrschaft des Walzers mit 152 solcher gelungenen Kompositionen begründete, spielte mit seinem Orchester von Wien bis London zu diesem schwärmerischen Tanz auf.

Viele der Wiener Bälle werden heute von Berufsständen ausgerichtet. Der Kaffeesieder-Ball verwandelt die Wiener Hofburg mit einem elegant-charmanten Programm in das festlichste Tanzcafé der Stadt; die Zuckerbäcker warten bei ihrem Ball mit einem Ballett von Mehlspeisen auf. Vielen gelten der Ball der Wiener Philharmoniker sowie der Ball der Industrie und Technik, kurz „Techniker-Cercle“ genannt, in den Sälen des Wiener Musikvereins als inoffizieller Höhepunkt der Ballsaison. Der Opernball, der in der Wiener Staatsoper, „im schönsten Ballsaal der Welt“, stattfindet, ist der Staatsball der Republik Österreich und zugleich Ball der Künstler der Wiener Staatsoper.

Dank der Vereinigung der Österreicher in der Tschechischen Republik können die Gäste jedes Jahr das unikate Flair der Wiener Bälle auch in Prag genießen.